Upcycling ist Widerstand: Warum ich mein Glas zu "Überlebenden" mache.
- Tian

- 5. Okt.
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Okt.
Der Konsumkreislauf ist einfach: Kaufen, nutzen, wegwerfen. Aber was passiert, wenn man sich weigert mitzumachen?
Für mich ist Upcycling kein Lifestyle-Trend, sondern ein trotziges Nein zur Beliebigkeit. Ich erzähle, warum ich Flaschen nicht wegschmeiße, sondern mit Staub, Schnittwunden und purer Handarbeit in Unikate verwandeln, die bleiben.

Upcycling als Philosophie – nicht als Trend
Konsum ist zur Religion geworden. Kaufen, wegwerfen, ersetzen – so läuft der Kreislauf, und alle nicken brav. Aber ich nicht. Ich habe irgendwann gemerkt: Entweder renne ich weiter mit im Hamsterrad von „immer schneller, immer billiger, immer austauschbarer“. Oder ich steige aus. Ich habe mich fürs Aussteigen entschieden.
Für mich ist Upcycling keine hübscher Hashtag in Instagram und keine grüne Masche für den nächsten Werbespot. Upcycling ist meine Haltung. Ein trotziges Nein zur Beliebigkeit. Es ist der Versuch, einem Material ein zweites Leben zu geben, anstatt es sinnlos auf den Müllberg zu kippen.
Es das klingt romantisch, ist es aber nicht. Alte Flaschen sammeln, schleppen, Etiketten abkratzen, schneiden, schleifen. Das sind oft keine Wohlfühl-Momente, sondern Scheiß im Nacken, Schnittwunden an den Fingern und Motivation, die manchmal auch flöten geht. Aber dann passiert der Moment: eine leere Flasche, eben noch als Abfall deklariert, verwandelt sich in ein handgemachtes Glas, das wieder Bedeutung bekommt. Upcycling!
Bei tian – unique like you will ich keine hübsche „Deko“ verkaufen. Ich will zeigen, dass das Alte, das Übersehene, das mit Fehlern Behaftete eine zweite Chance verdient. Dass in einem Stück Beton mehr Geschichte steckt als in einem Designerregal. Dass eine Flasche, die schon eine Feier, ein Gespräch oder eine Nacht erlebt hat, nicht in den Container gehört – sondern in deine Hand.
Upcycling ist kein Trend. Es ist Widerstand. Die Entscheidung, sich nicht alles vorsetzen zu lassen, was uns die Konsumgesellschaft als „neu“ verkauft.
Warum Upcycling mehr ist als Bastelästhetik und was mein handgemachtes Glas damit zu tun haben
Googel mal „Upcycling“ und du findest die Bastelapokalypse. Überall Palettenmöbel, Dosen mit Juteschnur, Gläser mit Teelicht – das Internet ist voll davon. Alles lieb gemeint, alles schnell vergessen. Ich hab nichts gegen DIY, aber ich will mehr als Deko, die nach einer Saison im Keller landet. Ich mache keine Deko aus Müll. Ich mache aus Müll Haltung.
Meine Stücke sollen bleiben. Nicht fürs nächste Instagram-Foto, nicht für eine Trendwelle,

die eh wieder abebbt. Sie sollen Räume prägen, Geschichten tragen, Charakter haben.
Upcycling ist älter als jeder DIY-Blog. Früher hat man Keramik geklebt, Stoffe geflickt, Holz repariert – nicht, weil es „cool“ war, sondern weil man musste. Heute ersäuft die Welt im Überfluss, und genau deshalb verlernen wir, was Wertschätzung bedeutet.
Eine Weinflasche ist für mich nicht Abfall, sondern ein Anfang. Bevor ich sie überhaupt anrühre, erzählt sie schon eine Geschichte: ein Abend voller Lachen, eine einsame Nacht, ein Gespräch, das hängen bleibt. Diese Spuren lösche ich nicht aus. Ich schneide und schleife, aber die Vergangenheit bleibt Teil der Gegenwart.
Das ist der Unterschied. Bastelästhetik will etwas hübsch machen, will etwas zweckentfremden, will kaschieren. Ich dagegen nehme das Material so wie es ist. Ich zwinge es nicht in eine Rolle, die es nie hatte. Ich lasse es sprechen: mit Kanten, mit Narben, mit Fehlern.
Upcycling ist kein Style. Es ist ein Dialog: roh, direkt und ehrlich mit dem, was schon da ist.
Meine Mission: Aus Abfall wird ein zweites Kapitel.
Ivey Classic & Co. ist die Produktlinie von tian, die diese Philosophie im handgemachten Glas sichtbar macht.
Es gibt Objekte, die schweigen und trotzdem mehr erzählen als manch lautes Wort. Ein Glas gehört dazu. Man hebt es an, stößt an, trinkt daraus und auf einmal ist es Zeuge. Doch sobald die Flasche leer ist, endet für die meisten ihre Geschichte.
Container. Scherben. Schmelzofen.
In meiner Werkstatt läuft dieser Kreislauf nicht ins Nichts. Ich lasse die Flasche nicht verschwinden, ich hole sie zurück ins Leben. Kein Container, keine Anonymität, sondern ein zweites Kapitel. Direkt. Sichtbar. Fühlbar.
Wenn eine Flasche bei mir landet, verliert sie nicht ihre Vergangenheit. Sie trägt die Narben der Nacht, die Wärme eines Gesprächs, die Reste von Feier oder Stille. Ich nehme dieses Material ernst, zerlege es, bearbeite es, schleife mich an seinen Widerstand heran. So wird aus Abfall ein Unikat.
Meine handgefertigten Gläser sind keine Requisiten. Sie sind Überlebende.
Handgemachtes Glas ist launisch: Der schmerzhafte Weg zum Unikat.

Alle Ivey-Gläser beginnen gleich: als leere Weinflaschen. Normalerweise würden sie auf dem Müllberg landen. Bei mir landen sie auf dem Tisch. Ab da beginnt ein Prozess, der nichts mit Industrie zu tun hat – sondern mit Staub, Geduld und manchmal auch mit Blut.
Glas zu schneiden klingt simpel. Ist es aber nicht. Glas ist launisch. Es bricht, wo es will, splittert, reißt, schneidet dich in die Finger. Jeder Schnitt ist ein Risiko. Aber genau deshalb tue ich es. Denn nur wer dieses Risiko eingeht, schafft etwas, das mehr ist als Massenware.
Dann beginnt die eigentliche Arbeit: das Schleifen. Stunde um Stunde, Kante um Kante. Ich höre auf, wenn die Kante weich ist, nicht glänzend, nicht makellos. Glattpolierte Perfektion interessiert mich nicht. Meine Iveys behalten ihre Spuren, ihre Kratzer, ihre Vergangenheit.
Und irgendwann steht es vor mir: ein handgemachtes Glas, das einmal Abfall war. Aber jetzt? Jetzt trägt es ein neues Leben in sich. Kein Container, kein Schmelzofen, kein Vergessen. Sondern ein Unikat.
Es ist das Ivey Classic mein erstes Glas, mein Ursprung. Nicht perfekt, aber echt. Und genau deshalb bleibt es.
Ivey Classic mein Ursprungsglas
Das Ivey Classic ist nicht glattpoliert und schon gar nicht makellos. Die Kante bleibt bewusst matt. Keine sterile, glänzende Linie, die vorgibt, perfekt zu sein. Manche Gläser haben Kratzer und ich lasse sie da. Natürlich könnte ich sie polieren, sie auf Hochglanz bringen. Aber dann würde ich genau das zerstören, was die Iveys lebendig macht: ihre Spuren. Jede Unebenheit, jeder Kratzer, jedes Detail erzählt davon, dass dieses Glas eine Vergangenheit hat und auch durch meine Hände gegangen ist.
Jedes Glas trägt mein „t“. Kein aufdringliches Branding, kein Marketingspielchen. Sondern ein Zeichen: Dieses Glas wurde von mir gefertigt. Nicht von einer Maschine, nicht von einem anonymen Band, sondern hier, in meiner chaotischen Werkstatt, mit meinen Händen, der Leidenschaft und dem Trotz, der dazugehört.

Die ersten Ivey Classics habe ich alle komplett von Hand geschliffen. Ohne Maschine, ohne Abkürzungen. Stundenlang, Glas um Glas, bis die Finger taub und meine Arme schwer waren. Und dann kam der Moment, der alles verändert hat: Mein erstes virales Reel auf Instagram. Innerhalb von 24 Stunden war der gesamte Bestand ausverkauft. Ich war völlig überfordert. Zu wenige Versandkartons, zu wenig Verpackungsmaterial, keine Struktur für so einen Andrang. Nur ich, keinen Platz und ein Berg von Bestellungen.
Diese 24 Stunden haben mir gezeigt, dass die Ivey´s kein Nebenprojekt mehr sind. Es war auf einmal klar: Die Menschen wollten diese Gläser. Und sie wollten sie nicht trotz, sondern wegen ihrer Eigenheiten und vielleicht auch wegen meiner tollen arbeit.
Heute habe ich technische Unterstützung. Harald, mein Schleifhelfer fürs Grobe. Er nimmt mir die ersten und nervigsten Schritte ab, wenn es darum geht, die Kante von scharf und uneben zu eben und fast perfekt zu bringen. Aber den Feinschliff mache ich immer noch händisch selbst. Das wird sich nie ändern. Denn genau da entsteht der Charakter. Genau da entscheidet sich, ob ein Glas austauschbar ist oder ein Ivey wird.
Das Ivey Classic ist kein Glas zum Hinstellen. Es ist ein Glas zum benutzen. Es trägt Spuren, Kanten, Narben. Es trägt Geschichte. Und genau deshalb bedeutet es mir so viel.
Die Familie wächst – die Haltung bleibt: Meine Produktlinie.
Das Classic war nur der Anfang. Inzwischen ist aus dieser Idee eine ganze Familie entstanden. Jede Variante hat ihren eigenen Charakter, ihre eigene Macke, ihren eigenen Platz am Tisch.
Ivey Small – Der Überflieger. Lang und schmal, direkt. Das Glas für den Long Drink, der Charakter braucht. Zeitlos, aber mit einer klaren Kante.
Ivey Tumbler – Der ruhige Zeuge. Charmant und bodenständig. Perfekt für Wasser, Whisky oder Gespräche, die hängen bleiben. Ein Glas, das nicht protzt, sondern einfach schlicht da ist.
Ivey Lobro – Der kantige Rebell. Mein Low Brother. Kürzer, kantiger, anders. Keine Kopie, sondern ein Statement: auch klein kann stark wirken und eine eigene Geschichte erzählen.
Ivey Misfit – Zufall mit Seele. Die Wundertüte. Gläser, die nicht ins Schema passen und genau deshalb Seele haben.
Little Ivey – Der Unterschätze. Klein, ruhig, unaufdringlich – aber mit Haltung. Das Little Ivey ist das Glas, das nicht laut werden muss, um aufzufallen.
Kein Stück gleicht dem anderen. Ich könnte versuchen, ihnen jede Eigenheit auszutreiben. Aber warum? Das wäre Verrat am Material.
Jedes Glas geht durch meine Hände. Kein Fließband, keine Industrieanlage, keine Seriennummer nur eine Artikelnummer. Nur ich, mein Werkzeug und meine Leidenschaft. Manche Tage laufe ich gegen das Glas an, andere Tage läuft es gegen mich. Aber am Ende steht ein Ivey – roh, echt, mit meiner Handschrift.
Die Familie wächst, aber bleibt eigen.
Ivey Misfit – Zufall mit Seele
Das Ivey Misfit hat sich eigentlich von selbst ergeben. Immer, wenn ich alte Bekannte treffe und wir kurz quatschen, kommt irgendwann die Frage:
„Und, was machst du so?“
Ich erzähle dann von von meinen kleinen Bollerwagenbusiness,den Gläsern, vom Beton, von meiner kleinen Werkstatt – und fast immer kommt direkt danach:
„Brauchst du Flaschen? Soll ich mitsammeln?“
Was am Anfang nur nett gemeint war, wurde irgendwann zu einem richtigen Netzwerk aus Menschen, die für mich sammeln. So viele Flaschen, so viele Formen, Farben, Höhen – alles durcheinander. Ich konnte sie nicht einfach ignorieren oder nach „Schema“ sortieren. Also habe ich angefangen, sie zu verarbeiten. So entstand das Ivey Misfit.
Misfits sind Gläser, die nicht ins herkömmliche Raster passen. Zu hoch, zu niedrig, zu schräg, mit einer Narbe, einem unerwarteten Farbton oder einer eigenwilligen Kante. Dinge, die die Industrie sicher aussortieren würde. Bei mir sind das die Stücke, die die Tage noch einzigartiger machen.
Wenn du einen Misfit bestellst, weißt du vorher nicht, welches Glas du bekommst. Aber du kannst sicher sein: Es ist echt, handgemacht und trägt die Geschichte seiner Flasche und vielleicht auch die eines Menschen, der sie mir gebracht hat. Das einzige was du tun kannst das Hinweisfeld im Shop nutzen und deine Wünsche äußern.
Ein Ivey Misfit ist kein Zufallsprodukt. Es ist das Ergebnis von Begegnungen, Hilfsbereitschaft und der Idee, alles zu verwerten, was nicht ins Schema passt. Weil genau das Leben ausmacht: das Ungeplante.
Warum ein handgemachtes Glas mehr sein kann als ein Glas
Vielleicht fragst du dich spätestens jetzt: Warum dieser ganze Aufwand für ein simples handgemachtes Trinkglas? Warum Stunden an Schleifarbeit, Staub, Schnitte im Finger – nur damit am Ende wieder ein Glas auf dem Tisch steht?
Weil es eben nicht nur ein Glas ist.

Ein Ivey ist ein Symbol. Ein Beweis dafür, dass das, was andere wegwerfen, nicht Müll sein muss, sondern Wert. Ein Gegenentwurf zu Massenware, die gleich aussieht, gleich schmeckt, gleich zerbricht.
Es ist ein Stück Handarbeit und Handarbeit trägt Leidenschaft für das besondere. Jede Kante, jede kleine Unebenheit, jeder Unterschied erzählt, dass hier jemand mit Zeit, Geduld und Haltung gearbeitet hat. Kein Fließband, keine Hochglanzproduktion.
Und es ist ein Symbol dafür, dass Nachhaltigkeit nichts Abstraktes ist. Kein grünes Label, kein Marketingversprechen, sondern etwas Konkretes sein kann. Ein Glas, das früher Abfall war, und heute dein Lieblingsstück sein kann.
Wenn du aus einem Ivey trinkst, hältst du nicht nur ein Gefäß in der Hand. Du hältst Verantwortung Haltung und meine Geschichte.


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